DIE STRUKTUR DES GESAMTEN BUCHES- 1:1–8. ELIMELECHS FAMILIE. DIE DEPRESSION (DIE NIEDERGESCHLAGENHEIT).
- 1:19–22. MITGEFÜHL FÜR NOOMI. IN TRAUER.
- 2:1–23. BOAS UND RUT.
- 3:1—4:13. RUT UND BOAS.
- 4:14–17. MITGEFÜHL FÜR NOOMI. IN FREUDE.
- 4:18–22. ELIMELECHS FAMILIE. DER AUFSCHWUNG.
_____________________________Hinweis zur Struktur: Diese Gliederung folgt einem sogenannten Chiasmus (einer spiegelbildlichen Anordnung). Der Anfang korrespondiert mit dem Ende, was die thematische Umkehrung von Leid zu Glück verdeutlicht. TITEL UND KANONISCHE EINORDNUNGTITEL, Buch. Bezüglich seines Platzes im hebräischen Kanon siehe Anhang 1. Es ist die zweite der fünf Megillot oder Festrollen. Es wird traditionell am Wochenfest (Schawuot/Pfingsten) gelesen. Die Reihenfolge der Rollen wird durch die Abfolge der Feste bestimmt. Verfasst wurde es, da es als notwendiges Bindeglied in der Genealogie von David und Christus, dem „Sohn Davids“, dient (siehe Matthäus 1, 5–16). In der Septuaginta (LXX) wurde es nach dem Buch der Richter platziert; dieser Einordnung folgen alle weiteren Versionen (Übersetzungen).______________________________________________________THEMATISCHE BESONDERHEITENRut. Es gibt zwei Bücher, die nach Frauen benannt sind:- Rut, eine Nichtjüdin (Heidin), heiratet einen hebräischen Ehemann.
- Ester, eine Jüdin, heiratet einen nichtjüdischen Ehemann.
Dies sind zwei Zeichen dafür, dass die Heidenvölker als solche nur durch die Nachkommenschaft Abrahams gesegnet werden sollten, gemäß den Verheißungen in:- Genesis 12,3; 18,18; 22,18; 26,4
- Psalm 72,17
- Apostelgeschichte 3,25
Kapitel 1: 1–18 ELIMELECHS FAMILIE.DIE DEPRESSION (DER NIEDERGANG).- 1–3. Aufbruch aus Bethlehem. (Die Auswanderung nach Moab).
- 4, 5. Die Schwiegertöchter. Trauerfall. (Der Verlust von Ehemann und Söhnen).
- 6, 7. Aufbruch nach Bethlehem. (Die geplante Rückkehr).
- 8–18. Die Schwiegertöchter. Zwiegespräch. (Das Gespräch zwischen Noomi, Orpa und Rut).
_________________________________Hintergrund zur Struktur: Auffällig ist hier die symmetrische Anordnung: Die Erzählung beginnt mit dem Verlassen von Bethlehem (1–3) und kehrt mit dem Entschluss zur Rückkehr (6, 7) wieder zum Ausgangspunkt zurück. Dazwischen liegt die tiefste Not der Familie. Vers 1- Und es geschah in den Tagen. (Hebr. Wajehi bi-me). Dieser Ausdruck kommt fünfmal vor. Er deutet immer auf bevorstehendes Unheil hin, gefolgt von einer glücklichen Errettung. Vergleiche: Gen 14,1; Est 1,1; Jes 7,1; Jer 1,3.
- als die Richter regierten. Zweifellos in der frühen Zeit, bevor die Sünde aus Richter 1 die späteren inneren Unruhen und äußeren Unterdrückungen hervorrief.
- eine Hungersnot. Siehe Anmerkung zu Gen 12,10.
- Land = Gefilde/Felder.
Vers 2- Elimelech = Mein Gott ist König.
- Noomi = Meine Liebliche (oder: Die mir Angenehme).
- Machlon = Krank (oder: Kränklich).
- Kiljon = Sehnsucht (oder: Dahinschwindend).
- Ephratiter. Ephrat war der alte Name von Bethlehem, wo Rahel begraben wurde (Gen 35,19; 48,7).
Vers 4- nahmen sich Frauen. Kanaanitische Frauen waren verboten (Deut 7,3 etc.), aber keine moabitischen Frauen; wenngleich ein moabitischer Mann nicht in die Gemeinde Jehovas eintreten durfte. Siehe Anmerkung zu Deut 23,3.
- Orpa = Hirschkuh oder Rehkitz.
- Rut = Schönheit. Ehefrau von Machlon, dem Älteren.
Vers 5- blieb übrig = blieb als Überlebende zurück.
Vers 6- zurückkehren. Dies geschah im Jahr 1326 v. Chr., dem Jahr vor dem zweiten Jubeljahr (1325–1324). Siehe Anhang 50. IV, S. 54.
- der HERR. Hebr. Jehovah. Anhang 4. II.
- heimgesucht (gnädig angesehen). Vergleiche Ex 4,31; Ps 132,15; Lk 1,68.
8–18 DIE SCHWIEGERTÖCHTER. ZWIESPRACH (COLLOQUIUM).- 8, 9a. Rat, sie zu verlassen. (Noomis erste Aufforderung).
- 9b, 10. Reaktion. Ablehnung von beiden. (Orpa und Rut wollen bleiben).
- 11–13. Rat, sie zu verlassen. (Noomis zweite, ausführliche Begründung).
- 14. Reaktion. Ablehnung durch Rut. (Orpa geht, Rut bleibt).
- 15. Rat, sie zu verlassen. (Noomis letzter Versuch).
- 16–18. Reaktion. Ruts Entschluss. (Das berühmte Treueversprechen).
Vers 8- wie = so wie / entsprechend wie.
Vers 9- Ruhe (Ruhestatt). Vergleiche 3,1. Ein charakteristisches Schlüsselwort in diesem Buch.
Vers 10- wir wollen mit dir zurückkehren. Diese Freiheit war nach den Gesetzen von Hammurabi (§§ 171–173 und 177) zulässig.
Vers 11- Warum...? Rhetorische Figur: Erotesis (rhetorische Frage). Siehe Anhang 6.
Vers 12- wenn ich sagte = wenn ich gesagt haben sollte.
Vers 13- Wolltet ihr...? Rhetorische Figur: Erotesis. Siehe Anhang 6.
1: 19–22 MITGEFÜHL FÜR NOOMI. TRAUER.- 19a. Bethlehem. Ankunft.
- 19b. Mitgefühl bekundet. (Die Stadt ist in Aufregung).
- 20, 21. Mitgefühl benötigt. (Noomis Klage).
- 22. Bethlehem. Niederlassung.
Vers 19- Bethlehem = Haus des Brotes.
- ihnen (sie). Im Hebräischen feminin; auch das Verb „sagen/rufen“ ist feminin. Das zeigt, dass Noomi sich speziell an die Frauen der Stadt wandte.
Vers 20- der ALLMÄCHTIGE = Schaddai. Siehe Anhang 4.
Vers 22- die Moabiterin. Sie wird insgesamt fünfmal so genannt. In Deuteronomium 23,3 ist die Bestimmung maskulin (Moabiter) und betrifft Rut daher nicht.
- Gerstenernte. Folglich zur Zeit des Passahfestes.
Kapitel 2: 1–23 BOAS UND RUT.- 1. Boas. Seine Verwandtschaft.
- 2. Rut. Ihre Absicht.
- 3. Aufbruch. (Hinausgehen aufs Feld).
- 4–16. Zwiegespräch. Boas und Rut.
- 17. Rut. Ihre Ausführung. (Das Sammeln).
- 18. Rückkehr. (Zu Noomi).
- 19–22. Zwiegespräch. Noomi und Rut.
- 23. Boas. Seine Mägde.
Vers 2- die Moabiterin. Siehe Anmerkung zu 1,4 und 1,22.
Vers 3- las Ähren (gelesen). Vergleiche Lev 19,9-10; 23,22; Deut 24,19 (Gesetze zur Armenpflege).
- Zufall. Im Hebräischen: „Ihr Zufall traf ein“ (wörtl. miqreha haqreh). Rhetorische Figur: Polyptoton (Wortwiederholung mit Stammvariation). Siehe Anhang 6.
Vers 4- sie antworteten. Dies deutet auf eine Zeit des Friedens, des Wohlstands und der Ruhe hin (der freundliche Gruß zwischen Herr und Knechten).
Vers 7- vom Morgen an = den ganzen Morgen über.
Vers 8- halte dich (fest). Im Sinne von: bleibe standhaft bei jemandem oder schließe dich eng an.
Vers 10- beachten (erkennen). Rhetorische Figur: Metonymie (des Grundes), hier gesetzt für „sich kümmern um“. Siehe Anhang 6.
- Fremde = Ausländerin.
Vers 12- Werk ... Lohn ... Vertrauen. Beachte die Reihenfolge dieser drei Wörter für eine geistliche Anwendung.
- Flügel. Durch die rhetorische Figur Anthropopatheia (Zuschreibung menschlicher Züge auf Gott, Anhang 6) auf Jehova bezogen; es drückt Seine liebevolle Fürsorge aus.
- vertrauen = Zuflucht suchen. Hebr. chasah. Siehe Anhang 69. II.
Vers 13- freundlich = zum Herzen (sprechend).
- obwohl ich nicht bin. Oder: „Oh, dass ich doch sein möchte“.
Vers 14- ließ übrig = behielt davon etwas übrig (nachdem sie satt war).
Vers 16- mit Absicht = vorsätzlich (Halme für sie fallen lassen).
Vers 17- Epha. Ein Hohlmaß. Siehe Anhang 51. III. 3.
Vers 20- Güte = Gnade / liebende Güte (Checed).
- einer von = er [ist] einer von... (unseren Blutsverwandten).
Vers 21- die Moabiterin. Siehe Anmerkung zu 1,4 und 1,22.
Vers 23- und der Weizenernte. Daher nahe am Wochenfest (Pfingsten). Dies ist der Grund, warum dieses Buch an diesem Fest gelesen wird. Siehe Anmerkung zum Titel.
- wohnte bei. Einige Kodizes lesen „kehrte zurück zu“. Die Vulgata beginnt das nächste Kapitel mit diesem Satzteil.
Kapitel 3: 1 – 4: 13. RUT UND BOAS.- 3: 1–12. Anspruch des Verwandten. Geltend gemacht.
- 3: 13. Versprechen gegeben.
- 3: 14–18. Auf das Versprechen gewartet.
- 4: 1–13. Anspruch des Verwandten. Erfüllt.
Kapitel 3, Vers 2- er worfelt. Dies war (und ist heute noch) die Aufgabe des Herrn. Seine Knechte pflügten, säten und ernteten.
Vers 5- zu mir. Einige Kodizes sowie die Septuaginta (LXX) und die Vulgata lassen diese Worte weg.
Vers 9- deinen Zipfel (deines Gewandes) = Flügel (gemäß LXX und Vulgata). Andere Kodizes sowie zwei frühe Druckausgaben lesen „Flügel“ (Plural). „Flügel“ steht hier als rhetorische Figur: Metonymie (des Grundes) für schützende Fürsorge. Siehe Anhang 6.
Vers 11- was du sagst = was du sagen wirst. Einige Kodizes fügen mit dem Aramäischen, Syrischen und der Vulgata „zu mir“ hinzu.
- Stadt. Hebr. Tor (Torweg), hier als rhetorische Figur: Synekdoche (ein Teil für das Ganze) für das Volk, das sich dort versammelt.
Vers 14- jemand = ein Mann. Hebr. ’isch. Siehe Anhang 14. II.
Vers 15- Schleier = Umhang oder Mantel, wie ihn alle Landfrauen trugen; nur die Stadtfrauen verschleierten ihr Gesicht. Vergleiche Jesaja 3,23.
- sie ging – er ging. Das Verb im Hebräischen ist maskulin („er ging“). Einige Kodizes lesen mit dem Syrischen und der Vulgata „sie“.
Kapitel 4: 1–13. ANSPRUCH DES VERWANDTEN. ERFÜLLT.- 1–11a. Im Einzelnen. (Die Verhandlung am Stadttor).
- 11b, 12. Gebet/Segen. (Der Segen der Zeugen).
- 13. Zusammenfassend. (Heirat und Geburt).
Vers 1- der Blutsverwandte. Hebr. Goel = der nächste Verwandte, der das Recht zur Einlösung (Lösung) hat. Siehe Anmerkungen zu Ex 6,6 und 13,13.
Vers 3- Land = Gefilde/Felder. ein Stück Land = das Stück des Feldes.
Vers 4- vor den Einwohnern = in Gegenwart derer, die hier sitzen.
- lösen. Hebr. ga'al, durch Kauf zurückerwerben. Siehe Ex 6,6 und vgl. 13,13.
- du. Der hebräische Text hat „er“. Aber eine spezielle Lesart namens Sevir (Anh. 34) und einige Kodizes (mit Aram., LXX, Syr. und Vulg.) lesen „du“, was die King James Version (A.V.) offenbar übernommen hat.
Vers 7- ein Mann. Hebr. ’isch. Anh. 14. II. Ein Brauch, der sich außerhalb des (mosaischen) Gesetzes entwickelte.
Vers 8- zog aus = zog ab / riss ab.
Vers 10- aus dem Tor = von den Leuten seiner Stadt. „Tor“ steht hier als rhetorische Figur (Synekdoche, Anh. 6) für das Volk, das sich dort gewöhnlich versammelt.
Vers 11- werde berühmt = einen Namen ausrufen/proklamieren.
Vers 12- Perez. Vgl. Gen 38,29; 1. Chr 2,4; Mt 1,3.
Vers 13- gebar einen Sohn. Im zweiten Jubeljahr (1325–1324 v. Chr.).
4: 14–17a. MITGEFÜHL FÜR NOOMI. IN FREUDE.- 14, 15. Segen durch die Frauen.
- 16. Noomis Freude.
- 17a. Benennung durch die Frauen.
4: 17b–22. ELIMELECHS FAMILIE. DER AUFSCHWUNG.- 17b. Obed, Isai und David.
- 18–21. Die Geschlechterfolge von Perez.
- 22. Obed, Isai und David.
Vers 18- Dies ist das Geschlecht (die Stammfolge). Das dreizehnte Vorkommen von insgesamt vierzehn in der Bibel genannten. Das letzte im Alten Testament.
- Perez. Der Sohn von Juda. Siehe Anh. 29; Gen 38,39; 1. Chr 2,4; Mt 1,3; Lk 3,33.
Vers 19- Hezron. Vgl. Gen 46,12. Ram. Vgl. 1. Chr 2,9.
Vers 20- Nachschon. Fürst von Israel in der Wüste (1. Chr 2,10). Vgl. Num 1,7; 7,12; 10,14.
- Salmon. Heiratete Rahab (Mt 1,5). Neffe von Aaron.
Vers 21- Boas. Heiratete Rut. Vgl. V. 13.
DIE GENERATIONEN VON PEREZ (PHAREZ)- Juda = Thamar
- Perez
- Hezron
- Aram
- Amminadab
- (Verzweigung):
Elisheba — Nachschon- Salmon (Neffe von Aaron, heiratete Rahab)
- Boas (heiratete Rut)
- Obed
- Isai (Jesse)
- David
ANMERKUNG ZU „DEN GENERATIONEN VON PEREZ“Wenn SALMON im Jahr des Einzugs in das Land (1451 v. Chr.) RAHAB heiratete und die Geburt DAVIDS im Jahr 990 v. Chr. stattfand, dann wird laut der obenstehenden Stammtafel der Zeitraum von 461 Jahren durch nur vier Lebensspannen abgedeckt: nämlich SALMON, BOAS, OBED und ISAI.Daraus lässt sich die klare Schlussfolgerung ziehen, dass – da es in einer königlichen Linie (im Gegensatz zu der eines gewöhnlichen Mannes) nicht notwendig ist, jedes Glied aufzuführen – bestimmte Namen in diesem Stammbaum ausgelassen wurden. Dies geschah, damit die „Generationen von Perez“ als zehn Generationen gerechnet werden können. Dies entspricht dem Prinzip, das wir von Adam bis Zedekia beobachten:- Adam bis Noah: zehn Generationen.
- Sem bis Abraham: zehn Generationen.
- Salomo bis Zedekia: zweimal zehn Generationen.
- So wird auch hier die Linie von Perez bis David in zehn Generationen angegeben.
Dasselbe Prinzip begegnet uns in anderen Stammtafeln der Vorfahren unseres HERRN, in denen Namen ausgelassen werden, um einheitliche Zählungen zu erreichen. Zum Beispiel haben wir in Matthäus 1, 1–17 drei Zählungen von jeweils „vierzehn Generationen“ (siehe die dortigen Anmerkungen). In Vers 1 wird die gesamte Linie in nur zwei Gliedern angegeben (DAVID und ABRAHAM). Rut selbst wird in der obigen Aufzählung in Vers 17 ausgelassen.